Scheuchzer, Johann Jakob an Bernoulli, Johann I (1720.12.08)

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Autor Scheuchzer, Johann Jakob, 1672-1733
Empfänger Bernoulli, Johann I, 1667-1748
Ort Zürich
Datum 1720.12.08
Briefwechsel Bernoulli, Johann I (1667-1748)
Signatur Basel UB, Handschriften. SIGN: L Ia 667, Nr. 43*
Fussnote Beilage (deutsch): "Censura Epistolae Dedicatoriae"



File icon.gif Monsieur et treshonoré Amy

Vous direz, que je suis toujours à la Poste. De ma vie je n'aurois rien moins songé, que d'ecrire sur la Peste, matiere tant de fois battue et rebattue; ayant eu toujours plus de panchant pour des matieres singulieres. Mais il a falu obeir aux ordres des Superieurs.[1] Il est vray, que les subsides ne me manquent pas, parce que j'ay l'honneur de penetrer avec mes correspondences jusques à Marseille, et de recevoir meme des Medecins des informations sur la maladie.[2] Si ce n'est pas un enfant venu à sa perfection, ce sera au moins une fausse couche, qui a pourta[nt] ses membres. Vous aurez au moins sujet de rire sur les censures de nos rigides, que j'ay l'honneur de vous participer,[3] pour que vous puissiez clairement voir le caractere de ces orthodoxes, dont la surintendance roule sur des travaux approuvés solennellement, et ordonnés par le Tribunal de Santé, sur ce qui est le plus innocent dans le stile.

Je viens recevoir votre tres chere du 4. Dec.[4] avec les remarques, que j'estime toujours, vous assurant, que j'en profite, et profiteray. Il vous plait de descendre jusques aux fautes de l'impression, ce qui marque une tres grande attention à un ouvrage, qui ne la merite pas.

File icon.gif Vous recevrez le Traitté de la Peste,[5] dont je parle cy dessus, par le canal de M.r Thourneisen.

Au reste je suis avec une profonde reconnoissance Monsieur votre tresh. et tres ob. servit.r D. J. J. Scheuchzer

Zuric ce 8 Dec. 1720.

File icon.gif[6]

Censura Ep.ae Dedicatoriae

Videant.

Antistes Nüscheler.[7] Glaubt, der Hr. Bischoff würde sich von Reformatis mit wenigeren caressen ver[g]nügen.

Hr. verwalter Hoffmeister[8]. Ich wil hoffen, der Hr. Author habe in seiner Dedication mit diesen worten Aram tuam omni splendore fulgentem, dem Baal die Knie nit biegen wollen.

Hr. Theol. Hottinger.[9] Eadem Cl. Autoris curae commendat.

Hr. Chorhr. Holzhalb.[10] Obschon die wort Aram tuam etc. Latein sind, und Lateinisch verstanden werden, so könte doch Hr. Auctor ad declinandam suspicionem sie mit andern vertauschen.

Hr. Zunftm.r Hoffmeister.[11] In hoffnung, es werde dem Herrn Authori nit jede Ara gleich viel gelten, oder ihme ein Kirchen und Altar sein wie der andere, laßt es auch gelten.

Hr. Chorhr. Lavater[12] ... [13]


Fussnoten

  1. Die provenzalische Pestepidemie von 1720-1722 ist ein zentrales Thema der Bernoulli-Scheuchzer-Korrespondenz dieser Jahre. Diese letzte grosse Pestepidemie in Westeuropa brach im Mai 1720 in Marseille aus und konnte sich wegen der anfänglichen Verschleierungspolitik und der Flucht von 10'000 Stadtbewohnern in die umliegende Region relativ schnell ausbreiten. Der Verlauf der Pestepidemie, die erst 1722 definitiv ausklang, ist beschrieben in Carrière, Charles/Curdurié, Marcel/Rebuffat, Ferréol, Marseille, ville morte. La peste de 1720, Marseille 1968 sowie Biraben, Jean Noël, Les hommes et la peste en France et dans les pays éuropéens et méditerranéens, 2 vols, Paris 1975-1976, (zu Marseille und der Provence vol. 1, pp. 230-306). Zu Scheuchzers Auseinandersetzung mit dieser Epidemie siehe die Arbeit von Mauelshagen, Franz, Neuerfindung einer Medizinischen Kontroverse. Johann Jakob Scheuchzer und die Debatte der Kontagionisten und Antikontagionisten während der provenzalischen Pestepidemie von 1720-1722, in: Cardanus. Jahrbuch für Wissenschaftsgeschichte, vol. 7 (2007), pp. 149-185, die als Grundlage für die folgenden Kommentare zum Thema genommen wurde. Zur Geschichte der Pest in der Schweiz siehe auch Seiler, Roger, Pest, in: e-HLS. Als Stadtarzt war Johann Jakob Scheuchzer zusammen mit seinem Amtskollegen Johannes von Muralt (1645-1733) ex officio Mitglied des Zürcher Sanitätsrats, der im August 1720 als Reaktion auf die Pestepidemie gegründet worden war. Die Hauptaufgabe dieser Organisation war das Krisenmanagement angesichts der Gefahr einer Verbreitung der Pest. Sie war einerseits für die Beschaffung von Informationen über die Epidemie sowie die Beratung über Massnahmen zur Vorbeugung ihrer Ausbreitung zuständig. Siehe Mauelshagen, op. cit., pp. 156-157. Johann Jakob Scheuchzers Λοιμογραφíα Massiliensis. Die in Marseille und Provence eingerissene Pest-Seuche ..., Zürich (H. Bodmer) 1720, ist seine erste Druckschrift über die provenzalische Pest. Scheuchzer wurde vom Zürcher Sanitätsrat mit der Abfassung des Textes beauftragt. Das Werk diente entsprechend hauptsächlich der Begründung der in Zürich befürworteten politischen Präventionsmassnahmen gegen die Pest. In diesem Traktat präsentierte sich Scheuchzer als Vertreter einer "gemischt miasmatologisch-kontagionistischen Seuchentheorie" oder des "Aerokontagionismus", gemäss dem sich die Pest zugleich durch die schlechte Luft und durch den Kontakt mit Erkrankten verbreitet, eine Auffassung, die auf antike Lehren zurückgeht und die zu Scheuchzers Zeit sehr verbreitet war. siehe Mauelshagen, op. cit., pp. 154-155. Zum Inhalt und zur wissenschaftshistorischen Einordnung der Λοιμογραφíα Massiliensis siehe Mauelshagen, op. cit., pp 161-163.
  2. Scheuchzer unterhielt zum Informationsaustausch über die Pest europaweit Korrespondenzen mit Experten auf dem Gebiet. Sein wichtigster Korrespondenzpartner in den betroffenen Gebieten war François Xavier Bon de St. Hilaire (1678-1761), Präsident der Akademie zu Montpellier, mit dem Scheuchzer ab September 1720 korrespondierte. Weitere wichtige Korrespondenzpartner vor Ort waren die Ärzte Pierre Joseph Garidel (1658-1737), Jérôme Jean Pestalozzi (1674-1742), Jean Astruc (1684-1766) und Antoine Deidier (1670-1746). Siehe Mauelshagen, op. cit.
  3. Auf Wunsch Bernoullis (siehe den Brief von 1720.12.04) sandte ihm Scheuchzer ein Beispiel der Zensur seiner Schriften. Der Zensurtext findet sich in der Beilage zu diesem Brief und ist hier nach dem Brieftext wiedergegeben.
  4. Johann I Bernoulli an Johann Jakob Scheuchzer von 1720.12.04.
  5. Scheuchzer, Johann Jakob, op. cit.
  6. Es folgt als Beilage Scheuchzers eigenhändige Abschrift der Bemerkungen der Zensoren betreffend die Epistola dedicatoria zur Λοιμογραφíα Massiliensis.
  7. Johann Konrad Nüscheler (1672-1737).
  8. Vermutlich Johann Kaspar Hofmeister (1655-1731), Professor, 1710-1717 Stiftsverwalter. Siehe Weber-Steiner, Regula, Glükwünschende Ruhm- und Ehrengetichte. Casualcarmina zu Zürcher Bürgermeisterwahlen des 17. Jahrhunderts, Bern 2006, p. 155.
  9. Johann Jakob Hottinger (1652-1735), Professor der Theologie am Carolinum in Zürich, siehe Bächtold, Hans Ulrich, Hottinger, Johann Jakob, in: e-HLS.
  10. David Holzhalb (1677-1731), V. D. M., Professor der Theologie, Rhetorik und Philosophie, Stiftsverwalter und Chorherr in Zürich. Siehe Kempe, Michael/Maissen, Thomas, Die Collegia der Insulaner, Vertraulichen und Wohlgesinnten in Zürich 1679-1709, Zürich 2002, p. 303.
  11. Johannes Hofmeister (1669-1740), Zunftmeister zum Weggen. Siehe Lassner, Martin, Hofmeister, Johannes, in: e-HLS.
  12. Johann Jacob Lavater (1657-1725), Professor der Theologie und Chorherr. Siehe Kempe/Maissen, op. cit., p. 305.
  13. Der Text bricht hier ab.


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